"Mit dem Rücken zur Wand" - Generalversammlung der ARGE Rind eGen

von links nach rechts: ÖR Fritz Gruber (Obmann Stv. ARGE Rind), DI Werner Habermann (Geschäftsführer ARGE Rind), DI Johannes Fankhauser (Sektionsleiter BMT), ÖR Josef Fradler (Obmann ARGE Rind), Ing Franz Beck (Obmann EZG Steirisches Rind), Ing. Franz Mairold (Aufsichtsratsvorsitzender Stv. ARGE Rind), Hans Jörg Landmann (Aufsichtsratsvorsitzender ARGE Rind)

Das Mercosur-Freihandelsabkommen und der Brexit stellen für die österreichischen Rindfleischproduzenten große Bedrohungen dar. Die Auswirkungen der drohenden, massiven, handelspolitischen Veränderungen prägten die Vorträge und Diskussionen im Rahmen der Generalversammlung der ARGE Rind am 3. Juli 2019 am Steirerhof in Graz .

Eine Reihe von Gästen aus der Rinderzucht, von Bio-Austria, der Agrarpolitik, dem Lebensministerium, den Landwirtschaftskammern, der AMA-Marketing, des Lebensmittelhandels und der Fleischbranche folgten interessiert der Generalversammlung der ARGE Rind. Als Dachorganisation koordiniert die ARGE Rind die Tätigkeiten der 7 Rindererzeugergemeinschaften in den Bundesländern und ist gleichzeitig die Interessensvertretung für die Rindfleischproduzenten in Österreich. Dabei werden Rindfleischqualitätsprogramme mit Mehrerlösen für Landwirte entwickelt sowie Vermarktungs- und Preiskonditionen für die Bauern mit den Abnehmern abgestimmt.
 
ARGE Rind als Brücke zum Markt
ARGE Rind Obmann ÖR Josef Fradler verdeutlichte bei seinen einleitenden Worten den großen Stellenwert der Qualitätsproduktion am Rindfleischsektor in Österreich. Die ARGE Rind ist dabei das Sprachrohr der bäuerlichen Produktion und der bäuerlichen Position, „die Brücke zum Markt für die Bauern“, so Obmann Fradler. „Wenn wir auf die letzten Jahre zurückblicken, haben wir den Rindfleischmarkt und die Qualität unserer Produkte sehr positiv entwickelt. Vieles von dem, was gemeinsam mit der Branche geschaffen wurde, rückt für die Bauern bei den aktuellen Diskussionen und Abschlüssen über Mercosur-Quoten und den Folgen des Brexit in den Hintergrund. Es darf doch nicht sein, dass unter dem Deckmantel von Freihandelsabkommen die heimische Landwirtschaft für industrielle Interessen geopfert wird. Freihandel ohne vergleichbare Standards in der Produktion und zusätzliche 100.000 Tonnen Rindfleisch aus den Mercosur-Ländern in den ohnehin selbstversorgten EU-Absatzmarkt, das wird große Auswirkungen auf den 2019 bereits stark unter Druck geratenen EU-Rindfleischmarkt haben. Daneben verspricht die EU der irischen Rinderwirtschaft im Zuge des Brexit großzügige finanzielle Unterstützung zur Erschließung neuer Märkte. Das heißt, noch mehr Rindfleisch am EU-Binnenmarkt. Für Österreich wird hingegen für die Periode der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 von einer weiteren Kürzung der Agrarmittel gesprochen. Keiner sagt etwas, alle schauen zu“, kritisierte Obmann Fradler und fügte hinzu: „Wir brauchen auch zukünftig vernünftige Rahmenbedingungen und Lösungen für die Existenzen unserer Rinderbauern in Österreich.“ Bei den Verhandlungen zur neuen GAP hielt er fest, dass sich die ARGE Rind als Interessensvertreter der Rindfleischproduzenten aktiv einbringen wird und er sich Gespräche auf Augenhöhe erwartet.
 
Tätigkeitsbericht der ARGE Rind – Vermarktungsposition ausgebaut
Im Tätigkeitsbericht der ARGE Rind präsentierte Geschäftsführer DI Werner Habermann die positive Entwicklung der ARGE Rind in der Vermarktung. Gesamt wurden über die Erzeugergemeinschaften der ARGE Rind ca. 294.000 Stück Rinder vermarktet, davon 122.000 Stück Lebend- bzw. Nutzrinder und ca. 172.000 Stück Schlachtrinder. „Ca. 73% der Schlachtrinder wurden über Qualitätsrindfleischprogramme vermarktet. Für diese Rinder wurden Qualitätszuschläge von ca. 18 Mio. Euro für die Bauern erzielt und somit die Wertschöpfung auf den Betrieben verbessert“, so Habermann. Der Geschäftsführer hielt aber auch fest, dass sich die Rindfleisch-Absatzmärkte seit einigen Monaten sehr schwierig gestalten. Auch bei einigen Programmen ist eine gewisse Marktsättigung feststellbar. „Die Vermarktungspreise für Rinder sind seit längerer Zeit kontinuierlich unter Druck, die Erlössituation für die Bauern hat sich verschlechtert und ist nicht zufriedenstellend. Umso wichtiger wird es für die österreichischen Produzenten sein, dass die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie umgesetzt wird. Es muss für den Konsumenten in den Speisekarten eine klare Herkunftsdeklaration geben, Halblösungen helfen uns hier nicht“, so Habermann.
 
„Umsetzung der EU Agrarpolitik und die Perspektiven für die heimischen Rindfleischproduzenten“
… so lautete das Hauptreferat von DI Johannes Fankhauser, Sektionsleiter im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Sektionsleiter Fankhauser verdeutlichte, dass die eingeschlagene kompromisslose Qualitätsorientierung in der Rindfleisch-Produktion auch Grundlage für die Weiterentwicklung der heimischen Landwirtschaft ist. Mit „Qualität, Herkunft, Regionalität und nochmals Qualität“, gab Fankhauser die Marschrichtung für die nächste Jahre vor. Fankhauser betonte auch, dass organisierte Vermarktung sehr wichtig für die kleinen Strukturen der heimischen Landwirtschaft ist. „Erzeugerorganisationen erfüllen hier sehr wichtige Funktionen. Diese gilt es zu stärken, um die Position der Bauern in der Wertschöpfungskette und somit Wertschöpfungsanteil der Landwirtschaft zu sichern“, so der Sektionsleiter.
Im Hinblick auf die EU Agrarpolitik für die Periode nach 2020 stellte Sektionschef Fankhauser klar, dass mehr Mitbestimmungsrecht auf nationaler Ebene zwar positiv zu bewerten ist, aber die Auflagen dadurch in der neuen Periode sicher nicht weniger oder einfacher werden. Eine wesentliche Herausforderung wird sein, das Agrarbudget auf EU-Ebene gut zu verhandeln, um eine entsprechende Mittelausstattung für den Agrarbereich auch zukünftig zu haben.
Das Qualitätsverbesserungsprogramm in der Rindermast und Mutterkuhhaltung Qplus Rind sieht er als wichtige Begleitmaßnahme zur Professionalisierung und zur Unterstützung der Betriebe bei der Produktion von hochwertigem Qualitätsrindfleisch.