100 Jahre Rinderzucht Salzburg

Eine historische Rückschau

26. Februar 1921

Am 26. Februar 1921 wurde mit der Gründung des Verbandes der Zuchtgenossenschaften für die Reinzucht des Pinzgauerrindes ein ganz wesentlicher Schritt für die Rinderzucht im Bundesland Salzburg gesetzt.

Die Bemühungen um eine gezielte züchterische Verbesserung der heimischen Rinderzucht reicht jedoch weit in das 19. Jh. zurück.
So wurde von der k. k. Landesregierung bereits im Jahr 1868 eine jährliche Prämierung von Zuchtstieren und Kühen eingeführt. Dafür wurden nicht unerhebliche Geldmittel ausgeschüttet. Erwähnenswert ist, dass 1873 festgelegt wurde, dass nur mehr Zuchtrinder der „reinen Pinzgauer Rasse“ zu diesen Prämierungen zugelassen wurden. Damit wurde de facto dieser Rasse der Sonderstatus einer Landesrasse eingeräumt. Besonders verdient gemacht hat sich um die Rinderzucht in dieser Zeit die k. k. Landwirtschaftsgesellschaft, insbesondere in der Person des Wanderlehrers k. k. Bezirks-Thierarzt Heinrich Gierth.  Er sorgte für die Aufstellung guter Zuchtstiere, förderte die Bildung von Stammzuchten, entwickelte genormte schriftliche Unterlagen für die Aufzeichnung der Abstammungs- und Leistungsdaten in den Zuchtbetrieben und er war es, der vor 125 Jahren eine Mustersatzung für Stammzuchtgenossenschaften erstellte.
 

Erste Zuchtgenossenschaften

Mit tatkräftiger Unterstützung durch Heinrich Gierth erfolgte in Salzburg die Gründung der ersten Stammzuchtgenossenschaften. Den Anfang machte im Jahre 1897 Niedernsill-Uttendorf, bei deren Gründung Gierth Pate stand. Es folgte noch im selben Jahr Stuhlfelden, 1898 Maishofen, 1899 Mittersill sowie 1900 Saalfelden und St. Johann im Pongau.

Unterstützt wurden die Genossenschaften von einem von der k. k. Landwirtschaftsgesellschaft bestellter Zuchtbuchführer, dem die Einmärkung der Stammtiere, die Führung der Zuchtbücher sowie die Ausfertigung der Stammscheine oblag. Darüber hinaus leistete er Unterstützung bei der Vermarktung der Zuchttiere.

Verbandsgründung

Den Beispielen in anderen Bundesländern und in Bayern folgend, schlossen sich am 26. Februar 1921 bei einer Gründungsversammlung Gasthof Bräu in Zell am See unter Vorsitz von Ing. Rudolf Brauneis, Direktor der Landwirtschaftsschule Winkelhof und ab 1922 auch Agrarlandesrat der Salzburger Landesregierung, die bereits bestehenden 20 regionalen Stammzuchtgenossenschaften zum
Verband der Zuchtgenossenschaften für die Reinzucht des Pinzgauerrindes in Salzburg zusammen.

Die Wahl des ersten Vortandes wurde vom Obmann der Viehverwertungsstelle Pinzgau, Herrn Alois Neumayer, Kammerer in Maishofen geleitet und brachte folgendes Ergebnis:
Obmann                           Herrschaftsdirektor Dominikus Schwarz, Brandlhof, Saalfelden
Obmann- Stellvertr.:      Heinrich Schlosser, Schneiderau, Uttendorf
Beiräte:                            Johann Kaiser, Finkbauer in Wald
                                             Josef Hutter, Schrempf in Niedernsill
                                             Bartlmä Hasenauer, Stoffenbauer in Maishofen
                                             Alois Hölzl, Klinglerbauer in Saalfelden
                                             Gregor Langreiter, Grimmingwirt in Rauris
                                             Max Rapold, Landestierzuchtinspektor, Salzburg

Mit der Wahl von Dominikus Schwarz, der als Güterdirektor den landwirtschaftlichen Großbetrieb von Hermann Schmidtmann erfolgreich nach neuesten Erkenntnissen erfolgreich führte, wurde einem Obmann die Leitung des Verbandes übertragen, der nicht nur über eine hohe züchterische Kompetenz verfügte, sondern auch sehr gut mit der öffentlichen Verwaltung und der Standesvertretung vernetzt war.
        
Zum ersten Geschäftsführer wurde Herr Ferdinand Straubinger, Genossenschaftsinstruktor in Zell am See, ernannt, der als Geschäftsführer der Viehverwertungsstellen Pinzgau und Pongau bereits über viel Erfahrung im Bereich der Rindervermarktung verfügte. Für die Abwicklung der Geschäfte wurde in Zell am See ein Verbandsbüro eingerichtet.
 

Der bis 1939 amtierende Vorstand leistete eine enorme Aufbauarbeit. So stieg in diesem Zeitraum die Zahl der Mitglieder von 263 auf mehr als 1.800, die in 26 Zuchtgenossenschaften organisiert waren. 1921 betrug die Durchschnittsleistung der 1.458 Kühe 1.917 kg Milch, 1937 lag sie bei 6.823 Kühen bei 2.530 kg. Eindrucksvoll auch die Zahl der 15.004 Stück Zucht- und Nutzrinder, die über den Verband vermarktet wurden.

Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland im Jahre 1938 wurden die Landwirtschaftskammer, die demokratisch legitimierte Standesvertretung, aufgelöst. An deren Stelle trat der Reichsnährstand, eine direkt der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) unterstellte staatliche Behörde, dessen Organe ein volles Durchgriffsrecht auf alle landwirtschaftlichen Organisationen hatten. Unter dessen Druck erfolgte am 26. März 1939 der Zusammenschluss des Tiroler und Salzburger Verbandes zum Verband zur Zucht des Pinzgauer Rindes in Salzburg und Tirol.

Obmann Schwarz und Geschäftsführer Straubinger wurden von ihren Funktionen entbunden. An deren Stelle wurde vom Landesbauernführer Michael Friesacher Heinrich Schlosser, Uttendorf, zum Obmann und Simon Lindner, Oberndorf/Tirol, zu dessen Stellvertreter ernannt sowie zum Geschäftsführer Dr. Hans Pacher, Leiter des Tierzuchtamtes Zell am See, bestellt.

Um für den Verband zeitgemäße Einrichtungen für die zentrale Herdbuchführung, für ein Labor zur Milchfettuntersuchung und für eine Versteigerungshalle zu schaffen, wurde bereits 1941 in Maishofen, mit Unterstützung der Gemeinde und der Bauernschaft, ein entsprechendes Grundstück erworben. Auf diesem Gelände wurden noch während der Kriegszeit die erste Stierversteigerungen abgehalten. Nach Wiedererlangung der staatlichen Souveränität im Jahre 1945 wurde von Bartlmä Hasenauer, von 1945 bis 1950 Präsident der Landwirtschaftskammer und von 1949 bis 1963 Agrarlandesrat, Anton Huber als provisorischer Verbandsobmann eingesetzt, dem nachträglich auch von der Vollversammlung das volle Vertrauen ausgesprochen wurde. 
Obmann Anton Huber mit seinem bereits 1940 installierte Geschäftsführer Karl Holzmann, zwei äußerst vorausschauende Persönlichkeiten, ließen sich von den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Nachkriegszeit von ihrem Vorhaben, in Maishofen eine voll funktionsfähige Verbandsanlage zu errichten, nicht abhalten. 

Bau der Verbandsanlage

Nach einer gründlichen Vorbereitungs- und Planungsphase wurden von 1949 bis 1951 das Verwaltungsgebäude, die ersten Stallungen und die Versteigerungshalle gebaut. Trotz erheblicher Unsicherheiten in Bezug auf die Finanzierung des für die damalige Zeit äußerst ambitionierten Projektes, wurde schon 1949 mit dem ersten Bauabschnitt, dem Verwaltungsgebäude einschließlich Labor für die Milchfettuntersuchungen, begonnen. Dank des raschen Baufortschritts konnte schon im September 1950 der Verband seine neuen Räumlichkeiten in Maishofen beziehen.

Anlässlich der Beratungen über den zweiten Bauabschnitt wird von Obmann Huber angeregt, zusätzlich zu den Stallungen und der Versteigerungshalle die baulichen Erfordernisse für eine Besamungsstation in den Planungen zu Berücksichtigen. KAD Dipl. Ing. Hermann gibt aber zu bedenken, dass damit der finanzielle Rahmen gesprengt werden würde, so dass dieses zukunftsweisende Vorhaben aufs Eis gelegt wurde. Die beteiligten Baufirmen gingen trotz schwieriger Witterungsverhältnisse, wie bereits beim Verwaltungsgebäude, mit vollem Einsatz an die Arbeit, die sie im Herbst 1951 zur Zufriedenheit des Auftraggebers abschließen konnten.

Finanzierung


Die Sicherstellung der Finanzierung stellte die Verbandsführung so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform im Jahre 1947 vor eine Mammutaufgabe. Große Unterstützung leistete dabei KAD Gfrerer, der dank seiner guten Beziehungen ERP-Mittel für das Bauvorhaben erschließen konnte. Als verlorener Zuschuss wurde ein Betrag von 800.000 öS und zusätzlich ein Kredit von 100.000 öS in Aussicht gestellt. Über eine von den Funktionären getragene „Bausteine-Sammlung“ und Holzspenden leisteten die Mitglieder selbst einen nicht unerheblichen Beitrag zur Abdeckung der Baukosten. Darüber hinaus beteiligte sich auch der Landespferdezuchtverband an der Finanzierung.
Bei einer Beiratssitzung im November 1952 konnte GF Karl Holzmann einen detaillierten Abschlussbericht vorlegen. Demnach wurden von 1949 bis 1952 insgesamt rund 2.940.000 öS in Verwaltungsgebäude, Stallungen für 200 Rinder und Versteigerungshalle investiert. Legt man zur Einschätzung dieser Investitionssumme den Baukostenindex mit Basisjahr 1950 zugrunde, dann entspricht dies, bezogen auf das Jahr 2020, einem Investitionsvolumen von 4.640.000 Euro.

Die Einweihung erfolgte im Rahmen einen großen Gauausstellung am 23. und 24. September 1951. In seiner Festrede dankte der damalige Landeshauptmann Dr. Josef Klaus nicht nur dem Obmann Huber und den sich um den Bau verdient gemachten Funktionären und Verbandsmitarbeitern sondern würdigte insbesondere auch die Aufbauarbeit insgesamt, die in den zurückliegenden 30 Jahren zum Wohle der Salzburger Rinderbauern geleistet wurde.

Am 23. September 1951 konnte die neue Verbandsanlage im Rahmen einer beeindruckenden Gauausstellung feierlich eröffnet werden. Obmann ÖR Anton Huber begrüßte, neben zahlreichen Ehrengästen aus dem In- und Ausland die Landeshauptläute aus Salzburg und Tirol. LH Dr. Josef Klaus hob in seiner Festansprache die große Bedeutung des Verbandes für die Salzburger Bauern hervor und sprach Obmann Huber, allen Funktionären und Geschäftsführer Holzmann für ihre beispielhafte Aufbauarbeit Dank und Anerkennung aus. Als äußeres Zeichen dafür pflanzte er im Bereich des Brunnens einen Lindenbaum, dem sich sein Stellvertreter Bartlmä Hasenauer mit einem Ahornbaum anschloss. Noch heute zieren diese beiden Bäume den Innenbereich der Verbandsanlage.
Von 1940 bis 2020 wurden in Maishofen 208.249 Großrinder versteigert!

Die Fertigstellung der Verbandsanlage 1951 stellte einen absoluten Höhepunkt in der Geschichte des Rinderzuchtverbandes dar. Sie bildete die Basis für die weitere positive Entwicklung in den nachfolgenden 70 Jahren. Sehr viel ausführlicher wird die Rinderzucht in Salzburg, von ihren Anfängen bis in die Jetztzeit, in einer Chronik dargestellt, die noch in diesem Jahr erscheinen wird (Herausgeber: Rinderzuchtverband Salzburg). 
 

Text: Dr. Josef A. Lederer
Bilder: Archiv Rinderzucht Salzburg